Anwenderbericht: HME – Uponor

Ideenschmiede für die Optimierung von Sanitär-Werkstoffen

GMS-Mitglieder HME und Uponor entwickeln Sanitär-Legierung weiter

Im Rahmen zunehmend kritischer Bewertungen steigen auch die Ansprüche, die von der Umweltpolitik formuliert und von den Herstellern trinkwasserführender Bauteile zum Nutzen der Verbraucher angeboten werden.  Für verschärfte Einsatzbedingungen der Trinkwasser-werkstoffe galt es daher, optimierte Werkstoffe zu entwickeln und anzubieten. Der Werkstoff CW602N in seiner bis dahin bewährten Form sollte daher durch einen verbesserten Werkstoff für künftige, sichere Anwendungen ersetzt werden. Die UBA-Positivliste gibt dabei eine entscheidende Bewertungsgrundlage für die hygienische Eignung von Trinkwasser-Werk-stoffen Der Gesamtverband Messing-Sanitär e.V. (GMS) betrachtet hygienisch geeignete Werkstoffe zusätzlich unter dem Aspekt der technischen Eignung von Trinkwasserwerkstoffen. Im Technischen Ausschuss des GMS tauschen sich Hersteller von Vormaterial und Sanitär-Komponenten regelmäßig über diese Aspekte aus. GMS-Mitglieder wie HME und Uponor nutzen die Plattform zum einen als Informationsquelle über die aktuellen regulatorischen Vorgaben. Zum anderen profitieren alle vom Austausch im Expertennetzwerk, wenn es darum geht, übergeordnete Aspekte und Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung von  Werkstoffen zu bewerten. Mit dem geplanten Verzicht von CW602N im Markt standen Uponor und sein Werkstofflieferant HME vor der Herausforderung, für die Uponor-Fittinge eine Werkstoff-Alternative zur bewährten Legierung zu finden. In einem gemeinsamen Projekt haben die Partner nach intensiver Forschungsarbeit eine solche alternative Legierung entwickelt.

„Die Sanitär-Bauteile, die Uponor aus unseren Messingstangen fertigt, werden meist unter Putz oder in Armaturen installiert und sind dann nicht mehr sichtbar “, erläutert Peter Diekmann, Prokurist und Head of Sales bei der HME Brass Germany GmbH. „Deshalb ist die Korrosionsbeständigkeit und Langzeithaltbarkeit der Komponenten aus unseren Legierungen von besonderer Bedeutung.“ Der HME-Kunde Uponor schließt hierzu Quality Agreements mit dezidierten Liefervorschriften ab, welche die Beschaffenheit des Vormaterials für die Fitting-Produktion exakt definieren. Die genaue Kenntnis der aktuellen regulativen Vorgaben in Punkto hygienischer und technischer Eigenschaften ist für beide Unternehmen unabdingbar. „Dies war ein entscheidender Grund für uns, dem GMS beizutreten“, sagt Dr. Andreas Ross, Senior Specialist Technology bei der Uponor GmbH. „Im Technischen Ausschuss weiten wir nicht nur unsere Werkstoff-Expertise aus. Wir können gemeinsam mit anderen Branchenvertretern auch an der Optimierung von technischen Richtlinien für die Qualitätssicherung der Bauteile arbeiten.“ Ein Beispiel ist der definierte Härtegrad für Sanitärbauteile als Schutz vor Spannungsrisskorrosion. „Den GMS-Standard HB 110 haben wir inzwischen eins zu eins in die Uponor-Spezifikationen übernommen.“

Entwicklung von Werkstoff-Alternativen
Der Sanitärbranche war klar, dass mit Einführung der UBA-Hygieneliste als Bewertungsgrundlage im Jahr 2017 bestimmte Werkstoffe nicht mehr angewendet werden dürfen. HME und Uponor hatten sich rechtzeitig im Vorfeld über die Notwendigkeit von Alternativen verständigt. „Unser Ziel war es, einen adäquaten Ersatz für den ausscheidenden Werkstoff CW602N zu finden. Die neue Legierung sollte bleireduziert und entzinkungsbeständig sein und den aktuellen, verschärften regulativen Vorgaben entsprechen“, erläutert Fritz Bismark, Head of Total Quality Management bei der HME Brass Germany GmbH. „Die Basis ist die Messinglegierung CW625N, die wir mit Hilfe von technischen Verfahren so optimiert haben, dass die gesetzlichen Vorgaben in Punkto Entzinkungsbeständigkeit eingehalten werden.“ Ein Meilenstein hierfür war laut HME in 2016 die Einführung einer neuen, gemeinsam mit Uponor entwickelten Ofenanlage mit eigener Kühlkammer. „Der neue Ofen am Produktionsstandort in Berlin-Reinickendorf erhöht die Prozesssicherheit deutlich. Mit der Anlage können der Glühprozess und die Abkühlung des Materials optimal kombiniert werden“, erklärt Bismark. „Der Ofen ermöglicht eine wesentlich punktgenauere Einstellung  der gewünschten Parameter, zudem wird der Abkühlvorgang beschleunigt. Und je schneller das Material definiert abkühlt, desto günstiger wird die Gefügeausprägung, womit die Entzinkungsbeständigkeit erhöht wird.“

Tests und Optimierung der Produktion
Im Ergebnis liefert HME einen Werkstoff, der den anspruchsvollen Uponor-Spezifikationen entspricht und mittlerweile nach frühen Einsätzen im skandinavischen Raum  breiter marktbewährt ist. „Der Werkstoff liegt deutlich über den Anforderungen der EN Normen 12164 und 12165. In Punkto Qualität war es uns wichtig, keine Einbußen im Vergleich zu Werkstoffen zu haben, die der Installateur bisher gewohnt war“, so Dr. Ross von Uponor. „Deshalb haben wir umfangreiche Verarbeitungsversuche durchgeführt und Langzeit-Korrosionstests gefahren, bevor wir in die Produktionstechnik investiert haben.“ Nach erfolgreichem Bestehen der Verarbeitungs- und Labortests ging es darum, die Vorgaben an die Serienproduktion der Uponor-Bauteile mit dem neuen HME-Werkstoff zu erarbeiten. „Neben der guten Verarbeitung beim Drehen und Schmieden legten wir Wert auf einen ausreichenden Härtegrad, wobei wir uns wie erwähnt am GMS-Standard orientiert haben.“ Wichtig sei hierbei die Prozesssicherheit bei der Materialherstellung. „Deswegen prüfen wir sämtliche Stangen nochmals auf ihre Homogenität, bevor sie in unserer Fitting-Produktion zum Einsatz kommen“, erklärt Uponor-Plant Manager Stefan Endres. „Auch wir haben im Zuge des Projektes in zwei neue Glühöfen investiert – für spannungsarme und entzinkungsbeständige Bauteile. Durch die gemeinsame Entwicklung mit HME können wir nun mit weniger Prozessschritten und insgesamt weniger Aufwand kostengünstig produzieren.“ Damit hat sich die langfristige gemeinsame Entwicklung von technischen Spezifikationen laut Endres ausgezahlt. Und diese Entwicklungsarbeit gehe weiter, auch über die bilaterale Zusammenarbeit hinaus, ergänzt Dr. Andreas Ross. „Wir nutzen die im technischen Ausschuss des GMS erzielten Erkenntnisse, um Werkstoffe und Bauteile laufend weiter zu optimieren. Aktuell engagieren wir uns stark im GMS-Projekt Härtemessverfahren. Hier haben wir zum Ziel, die Prüfverfahren für Bauteile zu optimieren, was der gesamten Branche zu Gute kommen wird.“